BIOSTAB1 - Ein Aquarium im Gleichgewicht

Erschienen in Nr. 4/2002

September 2002

 

Aquarien, egal ob Süß- oder Meerwasser, müssen künstlich am Leben gehalten werden. Ein Gleichgewicht stellt sich nur sehr selten ein, weil das System z.B. zu klein oder zu stark besetzt ist. Die allgemeine Bezeichnung für ein Gleichgewicht ist derjenige Zustand eines Körpers oder Systems, bei dem sich Wirkung und Gegenwirkung aufheben; entsprechend spricht man bei Störungen dieses Zustands von Nicht- oder Ungleichgewicht. Sehr oft werden unterschiedliche Maßnahmen unternommen, um das System „Aquarium“ am Leben zu halten. Im Meerwasseraquarium ist dies z.B. der Wasserwechsel und eine Abschäumung. Der Wasserwechsel dient zum einen dazu, benötigte Stoffe dem Wasser zuzuführen und ungewollte Stoffe, also Schadstoffe, durch eine Verdünnung zu reduzieren. Es ist immer nur ein Verdünnen, ein Entfernen ist nicht möglich, es sei denn es wird ein 100%iger Wasserwechsel vorgenommen. Die Hauptprobleme welche ein Gleichgewicht im Aquarium stören liegen bei der Entsorgung der Abfallprodukte z.B. von Nitrat und Phosphat und bei der Ergänzung der benötigten Stoffe. Das schließt das Futter für die Fische ein. Dies alles sind Störgrößen, denen gegengesteuert werden muss.

 

Von August 1997 bis März 2000 lief ein Projekt namens "B i o s t a b  1". Das Ziel von BIOSTAB 1 war es, ein Gleichgewicht hinsichtlich der Biologie und des Stoffhaushaltes in einem Meerwasseraquarium zu schaffen. Der Stoffein- und -austrag sollte fast zu 100% bestimmbar und kontrollierbar sein und das System sollte auf Störungen, wie z.B. Futter, entsprechend reagieren. Ohne Wasserwechsel sollten alle benötigten Stoffe ergänzt und alle Schadstoffe entfernt werden. In diesem Meerwasseraquarium sollten alle Fische mehrfach täglich ausreichend gefüttert werden und nicht aus Rücksicht auf die Wasserqualität halb verhungert herumschwimmen. Auch sollten sich keine Schadstoffe wie z.B. Nitrat anreichern und das Wasser belasten. Ein starkes und farbiges Steinkorallenwachstum sollte gleichzeitig erreicht werden. Auf eine Abschäumung sollte weitestgehend verzichtet werden.

 

 

 

Ziele:

Aquarium

Das Aquarium besaß die Masse 130 x 60 x 63 cm (L x B x H) und alle Scheiben waren stoßverklebt und aus deutschem Grünglas, so der Aquarienbauer. Die linke Ecke war abgeschrägt und rechts schloss sich ein Schrank für die Technik an. Das Bruttovolumen betrug ca. 440 Liter. Leider veränderte sich die linke Hälfte der Frontscheibe bereits nach 6 Monaten und wurde kontinuierlich blind. Eine Reklamation beim Aquarienbauer war ohne Erfolg. Seit dem kaufe ich Aquarien aus Glas nur bei einem Händler, wenn er mir eine Garantie gibt, dass die Scheiben nicht in den nächsten Jahren erblinden. Dies war auch ein Grund, warum mein neues Aquarium für das nachfolge Projekt aus Acryl (Plexiglas) besteht und nicht mehr aus Glas. Das Aquarium stand auf einem Stahlgestell. Der gesamte Bereich unter dem Aquarium war frei. Somit gab es genügend Platz für die Technik, sowohl unter und neben dem Aquarium. Nach oben war das Aquarium offen und besaß keine Abdeckscheiben.

Beleuchtung

Die Beleuchtung bestand aus einem Lichtbalken mit 2x 150 W HQI 10.000 K (ab). Die Brenndauer betrug täglich 11 Stunden, der Abstand zur Wasseroberfläche 30 cm. Die Brenner wurden alle 10 Monate ausgetauscht. Eine 18 W Marin-Glo (Hagen) unterstützte die HQI Lampen mit einer Brenndauer von 17 h, davon drei Stunden vor und drei Stunden nach dem HQI-Licht. Ein Röhrenwechsel erfolgte alle 6 Monate. Eine 5 W Halogenlampe diente als Nachtbeleuchtung. Diese wurde nicht in der Helligkeit verändert, d.h. es erfolgte keine Mondphasensimulation.

 

 

Filterung

Die Filterung wurde mit zwei unterschiedlichen Ansatzpunkten betrieben: Schnell- und Biofilter dienten als aerober Filter sowie ein Wodkafilter (Nitratfilter) als anaerober Filter. Als Schnellfilter diente ein Topffilter mit effektiven 900 l/h (Fluval 403) bestückt mit drei Filterschwämmen. Dieser entfernte alle Schwebstoffe aus dem Wasser und somit konnte auf einen Schnellfilter im Aquarium verzichtet werden. Die Filterschwämme wurden alle 4 Wochen ausgewaschen und nach 12 Monaten ausgetauscht.

Ein umgebautes PE-Fass diente als Biofilter. Ein Rieselfilter wurde nicht gewählt, weil ich alles in geschlossenen Behältern (wasserdicht) haben wollte. Weiterhin war das Fass erheblich günstiger als ein Rieselfilter. Das Fass hatte unten den Einlauf, über dem eine PVC-Lochplatte über die gesamte Fläche lag. Diese verteilte das Wasser gleichmäßig und diente dem Filtermaterial gleichzeitig als Auflagefläche. Als Filtermaterial dienten 60 Liter Siporax (sera). In der Mitte des Deckels war der Auslauf, welcher zu einer EHEIM 1060 führte. Ein Durchfluss von effektiv 1800 l/h durchströmte das Siporax gleichmäßig. Die Oberfläche für Bakterien betrug ca. 15.000 m2. Dieser Biofilter wandelte u.a. die Schadstoffe Ammonium, Ammoniak und Nitrit sehr schnell um. Auch nach dem Füttern konnten diese Stoffe nicht nachgewiesen werden. Das Endprodukt dieses Filters war Nitrat. Dieses wurde auf biologischer Weise einfach mit einem Wodkafilter (Nitratfilter) [1] aus dem Wasser als Stickstoffgas (N2) entfernt. Weitere Abfallprodukte waren Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2). Somit waren alle Endprodukte unbedenklich und störten das System nicht. Das Redoxpotential im Wodkafilter wurde zwischen +100 und –50 mV geregelt.

 

Technik

Ein UV-Wasserklärer der Fa. hw mit 36 W wurde im Dauerbetrieb angewendet und war nach dem Topffilter mit den Filterschwämmen angeschlossen. Nur im Dauerbetrieb kann ein UV-Wasserklärer Bakterien und Krankheiterreger ausreichend bekämpfen. Nach 14 Tagen ist die Keimzahl minimiert, aber nach 24 Stunden ohne UV-Lampe bereits wieder bis auf ca. 80% des Ausgangswertes angestiegen. Weiterhin dürfen keine Schwebstoffe durch die UV-Lampe geleitet werden, deshalb der Vorfilter mit den Filterschwämmen. Die UV-Lampe zerstört aber u.a. auch die Kampfstoffe, die einige Korallen an das Wasser abgeben. Die Röhre wurde alle 7000 Betriebsstunden (ca. 291 Tage) getauscht.

 

Es zeigte sich sehr schnell, dass der Sauerstoffgehalt im Wasser stark schwankte. Vor allem in den Morgenstunden war der Sauerstoffgehalt deutlich niedriger. Somit konnte ohne eine zusätzliche Sauerstoffanreicherung  kein stabiler Sauerstoffgehalt erreicht werden. Ein Abschäumer (Tunze 230) wurde nur zur Belüftung des Wassers eingesetzt, da ja nicht abgeschäumt werden sollte. Die Luftmenge wurde so geregelt, dass eine geringe Schaumhöhe erreicht wurde. In einer Woche waren dennoch zwischen 5 und 20 ml im Schaumtopf.

 

Für eine ausreichende und wechselnde Wasserströmung sorgten zwei Strömungspumpen (Tunze 7400, 24 V Technik) mit einer einstellbaren Fördermenge von 700-4000 l/h sowie einer Intervallsteuerung. Sie waren rechts und links an der Seitenscheibe montiert. Gesteuert wurden die Pumpen mit dem Multicontroller (Tunze 7093). Ein Richtungswechsel der Strömung erfolgte alle 5 Stunden und ein Wellenschlag alle 6 s, d.h. die Fördermenge wurde alle 6 s sprunghaft von 3000 l/h auf 4000 l/h bzw. von 4000 l/h auf 3000 l/h verändert. Da der Abstand zur Rückscheibe des Riffaufbaus im unteren hinteren Bereich ca. 8 cm betrug, konnte sich eine Ringströmung aufbauen und somit wurde das Riff im hinteren Bereich ausreichend durchströmt, ohne dass eine zusätzliche Riffspülung eingebaut werden musste.

 

Ein aus einer Glasröhre selbstgebauter Kalkreaktor mit 8 Liter grobem Korallenbruch (10-20 mm) hatte zu Beginn einen Durchfluss von 1,0 l/h mit einem pH von 6,5. Das Austrittswasser besaß einen KH von 44° und einen Calciumgehalt von ca. 900 mg/L. Der KH- und Ca-Gehalt wurde jeweils in Verdünnung bestimmt, da der KH-Test bis 15° und der Ca-Test bis max. 500 mg/L korrekte Werte anzeigen. Ab August 1998 wurde der Durchfluss auf 2 l/h erhöht und der pH auf 6,2 gesenkt. Der pH-Wert wurde elektronisch geregelt und die entsprechend CO2-Menge automatisch angepasst.

 

Ein Kühlgerät (Zajac) betrieben mit einer EHEIM 1250 sorgte vor allem im Hochsommer für eine maximale Wassertemperatur von 26,2°C. Das Problem war nur die Abluft. Die Abluft und somit die Abwärme des Kühlgerätes wurde direkt in das Zimmer abgegeben. Im Zimmer waren dann bis zu 36°C und im Aquarium 26°C. Nach einem Sommer  wurde das Kühlgerät gegen ein Klimagerät ausgetauscht. Dieses kühlte den ganzen Raum und die austretende Kaltluft wurde gegen die Seitenscheibe des Aquariums gerichtet. Ein Ventilator blies zusätzlich Luft auf die Wasseroberfläche. Somit war das Aquarium und der Raum gekühlt.

 

Ein kleiner Topffilter wurde eingesetzt um mittels einen Phosphatadsorber das Phosphat zu entfernen.

 

Das verdunstete Wasser wurde mit Umkehrosmosewasser aufgefüllt. Dosierpumpen ergänzten alle 6 Stunden die nötigen Mineralien und Spurenelemente.

 KH und Ca-Gehalt wurde in Verdünnung bestimmt.

 

Fütterung

Die Fische wurden täglich 3-4 mal gefüttert. Die Futtermenge betrug ca. 20 g Frostfutter (nach dem Abtropfen) und ca. 2 g Trockenfutter (Sera). Das Frostfutter war immer eine Mischung aus Artemia, Mysis und Plankton. Das Futter wurde aufgetaut und unter kaltem Wasser vor dem Verfüttern gründlich in einem Sieb gespült.

Wasserparameter

Über den gesamten Zeitraum wurden die Wasserparameter regelmäßig mit Tropftests überprüft. Zur genaueren Überprüfung wurden auch regelmäßig Wasseranalysen im Labor durchgeführt.

Spurenelemente

Eine Versorgung mit den nötigen Spurenelementen erfolgt alle sechs Stunden mittels Dosierpumpen. Nur Jod wurde per Hand dosiert. Spurenelemente fallen teilweise bereits nach 3-5 Stunden aus oder sind aufgenommen. Vor allem Jod ist oft nach zwei Stunden nicht mehr nachweisbar. Die Mineralienergänzung erfolgte damals mit einer Eigenentwicklung, welche heute Element-Mix, Strontium-Mix und Jod-Mix heißen und von der Fa. QFI hergestellt und vertrieben werden. Weiterhin wurde  biotip der Fa. hw vverwendet.  Die Dosiermengen pro Woche der Hersteller wurden genau eingehalten, nur die Zeitintervalle wurden auf 6 Stunden verkürzt und die Menge entsprechend umgerechnet.

  

Einfahren von BIOSTAB1

Das Leitungswasser wurde mit einer Umkehrosmosewasser der Fa. hw aufbereitet und auf 25°C temperiert. Anschließend wurde es mit Meersalz (Fa. hw) versetzt und 16 h ohne Belüftung aber mit einer Strömungspumpe versehen im Aquarium abstehen lassen, damit nicht zu viele Mineralien ausfallen. Die Bodenplatte des Aquariums wurde mit zusätzlichen Glasplatten abgedeckt. So können die Steine direkt auf die geschützte Bodenplatte gelegt werden. Als Unterbau wurde Tuff und Kalktuff eingesetzt und der Boden nur im vorderen Bereich mit 3 cm gereinigtem Korallenbruch der Körnung 4 bis 10 mm abgedeckt. Anschließend wurden 45 Liter (also ca. 10%) Altwasser, ca. 50 kg Lebendgestein (aus meinem alten Aquarium) und 20 kg frische Lebende Steine eingebracht. Jetzt wurde der bereits am alten Aquarium eingelaufene Siporaxfilter ohne Altwasser angeschlossen, weiterhin folgten Schnellfilter, UV-Lampe, Abschäumer, Kalkreaktor und Wodkafilter. Das alte Aquarium wurde ausgeräumt und das BIOSTAB1-Aquarium war 48 Stunden später zu ca. 70% besetzt, auch mit Fischen und Steinkorallen. Die restlichen 30% kamen nach und nach. Dieses schnelle Einfahren war nur durch den eingelaufenen Siporaxfilter möglich.

Fische & Garnelen am Ende der Projektes:

Alle Fische wurden möglichst klein eingesetzt. Vor dem Einsetzen wurden sie bei meinem Händler einer 6 wöchigen Quaratäne unterzogen. Am Ende des Projektes waren im Aquarium: 

Korallen

Das Hauptziel waren Steinkorallen. Diese wurden meist als ganz braune Stöcke gekauft, einige besaßen auch farbige Spitzen. Die importierten Steinkorallen saßen maximal 3 Tage im Händleraquarium. Am Ende des Projektes waren im Aquarium: 

 

 

Verluste

In dem Zeitraum von August 1997 bis März 2000  verstarb ein Mandarinfischweibchen, ein Anemonenfisch, zwei Lysmata amboinensis sowie eine Fungia sp. und eine Acropora sp., beide Korallenimporte hatten bereits einen Transportschaden, ansonsten blieb der Besatz bis zum Ende fast unverändert. 

 

 

Wie ist der Gesamteindruck des Beckens?

Der Eindruck soll nach Aussagen von Meerwasseraquarianer (u.a. Eduard Strinberg, Direktor Tierpark Bochum) und VDA Beckenprüfern sehr beeindruckend sein. Vor allem die Farben der Steinkorallen und die Wachstumsrat überraschen die Leute, da sehr viele Fische drin sind und stark gefüttert wird. Am Ende herrschte ein starker Kampf unter den Steinkorallen (Terpengehalt steigt u.a. stark an) und somit wird das Becken einem Skale up unterzogen auf ca. 2.000 Liter. Technik etc. wir angepaßt aber beibehalten (siehe Biostab 2) 

 

 

 

 

Jedes Projekt geht einmal zu Ende

...und nach 2,5 Jahren auch das Projekt "Biostab1". Warum wird das Projekt "Biostab" beendet? 

 

Es hatte folgende Ziele: 

Zum Ende führten zwei Gründe: 

1. Kein Platz mehr im Aquarium, trotz wöchentlicher Ableger schneiden 

2. Umzug in eine neue Wohnung mit viel Platz für neues Aquarium (Biostab 2

Alle Steinkorallen waren beim Kauf braun und nur ca. 1-2 mm der Spitzen waren farbig. 

 

 

 

Ergebnisse

 

Alle Ziele wurden in dem Projektzeitraum erfüllt, was nicht zu erwarten war!

 

 

Kein Wasserwechsel

Es wurde in dem gesamten Zeitraum kein Wasserwechsel durchgeführt und die Wasserqualität stets mit Tropftests und Laboruntersuchungen überwacht. Eine Anreicherung von Phosphat wurde mittels Rowaphos verhindert, Nitrat mit dem Wodkafilter entfernt. Das Wasser zeigte nur einen leichten Gelbstich, der nicht mit Aktivkohle entfernt wurde.

 

Keine Abschäumung

Die Abschäumung betrug ca. 5-20 ml in der Woche bei ca. 500 Litern Wasservolumen. Das Schaumkonzentrat war gelb und stank nicht. 

 

150 W HQI (Wasserstand = 60 cm)

Eine 11-stündige Beleuchtung mit 150 W HQI-Strahlern 10.000 K bei einem Wasserstand von 60 cm war ausreichend. Selbst die Ableger auf dem Boden wuchsen farbig weiter, verständlicherweise nicht so schnell wir im oberen Bereich. Wurde die Mineralienzugabe um 50% verringert, verblassten nach ca. 1 Monat die Farben der Steinkorallen und die Wachstumsraten sanken deutlich. Durch eine Erhöhung der Beleuchtungsstärke auf 2x 250 W und eine Reduzierung der Beleuchtungszeit auf 8 Stunden für 2 Monate, bei gleicher Spurenelementmenge (50%)  verstärkten sich die Farben wieder, aber die Wachstumsrate war geringer als bei 2x 150 W mit einer normalen Spurenelementdosierung (100%). Nach einer Erhöhung der Mineralienmenge auf die Normaldosierung (100%) und Reduzierung der Beleuchtung auf 2x 150 W mit einer Beleuchtungsdauer von 11 Stunden kamen nach 4 Wochen die intensiven Farben zurück und die Wachstumsrate war wieder wie vorher (Acrop. formosa mit 3 cm/Monat). 

Wenn wenig Mineralien im Wasser sind, benötigen die Korallen viel Licht um farbig zu sein. Sind viele Mineralien im Wasser benötigen die Korallen weniger Licht um farbig zu sein. 

 

Wochen die intensiven Farben zurück, und die Wachstumsrate war wieder optimal. 

 

.

.

 

 

Spurenelemente

2x 150 W

11 Stunden

2x 250 W

8 Stunden

Farbig

Wachstum

1

100%

X

 

+++

+++

2

50%

X

 

+

+

3

50%

 

X

++

++

4

100%

X

 

+++

+++

Tab. 1: Einfuß Spurenelemente und Licht auf das Wachstum und die Farbigkeit

Zeitraum: 1 nach 2 nach 3 nach 4

 

 

Intensive Farben der Steinkorallen

Alle Acropora-Korallen waren beim Kauf braun oder es waren nur ca. 1-5 mm der Spitzen farbig. Nach dem Einsetzten der meist braunen Acroporas und Seriatopora hystrix, wurden diese innerhalb von 4-6 Wochen sehr farbintensiv. Die Farbe beschränkte sich nicht nur auf die Spitzen, sondern die Korallen färbten sich bis zum Fuß durch, auch wenn dieser beschattet war. Ableger aus anderen Meerwasseraquarien wurden für 4-8 Wochen im BIOSTAB1 gepflegt, dabei wurden sie farbig bzw. verstärkten ihre Farbintensität stark. Nach der Rückgabe der Ableger an die Besitzer, welche überhaupt keine Zusätze ins Aquarium gaben, verloren diese nach 4-6 Wochen die Farben wieder und wurden blass bzw. braun. Andere Korallenableger behielten ihre Farben nach dem zurücksetzen, wenn genügend Mineralien im Wasser waren. Wurde die Mineralienzugabe in BIOSTAB1 verringert, verblassten nach ca. 4 Wochen die Farben der Steinkorallen und die Wachstumsraten sanken deutlich. Dabei wurde die Beleuchtungsdauer und die Beleuchtungsintensität nicht verändert.

Die Farbigkeit von Steinkorallen hängt nicht in erster Linie von der Beleuchtung ab, sondern von der Mineralienversorgung.

 

 

Hohe Wachstumsrate

Eine Wachstumsrate von 3 cm in der Länge und 1 cm im Durchmesser pro Monat bei Acropora formosa war nach ca. 1,5 Jahren Laufzeit des Projektes kein Problem mehr. Ein KH von 12-14 und ein Ca-Gehalt von ca. 450 mg/L laut Labor (Tropftest 600 mg/L) erwies sich als optimal. Bei KH-Werten von 18-28 und Ca >800 mg/L kam das Wachstum sofort zum Stillstand. 

 

 

Starke Fütterung des hohen Fischbesatzes

Der Fischbesatz (siehe oben) war mit Sicherheit viel zu hoch. Die Anemonenfische erreichten nicht die gleiche Größe wie in einem Vergleichsaquarium, wo der Fischbesatz deutlich geringer war. Ein Mangel durch zu wenig Futter konnte ausgeschlossen werden, da Fütterungen 3-4 täglich stattfanden. Die Wasserbelastung war aber kein Problem für das Aquarium. 

 

 pH-Wert

Durch den geringen pH-Wert von 7,7-7,9 zeigten sich keine Probleme bei den Fischen oder Korallen. Im Gegenteil, das Wachstum der Korallen, vor allem der Steinkorallen war dadurch noch weiter gestiegen. Auch die Fische zeigten keinerlei Anzeigen von Unwohlsein. Vergleiche an anderen Aquarien zeigte immer ein stärkeres und farbigeres Wachstum von Steinkorallen, wenn der pH auf unter 8,0 gesenkt wurde und dort gehalten wurde. Ich werde kein Meerwasseraquarium mehr betreiben, welches einen pH-Wert von über 8,0 besitzt.

 

Phosphat

Erstmals wurde im November 1998 ein Phosphatgehalt von 0,25 mg/L erreicht, d.h. nach 15 Monaten Laufzeit. Der plötzliche Anstieg von 0,1 mg/L auf 0,25 mg/L kam durch den Wechsel des Korallenbruches zustande, wie sich erst durch Analysen an Rückstellmustern im Jahre 2001 heraus stellte [2]. Der Phosphatgehalt des alten Korallenbruches lag bei 682 mg/kg der des neuen bei 1405 mg/kg. Weiterhin wurde der Durchfluss durch den Kalkreaktor von 1,0 l/h auf 2,5 l/h erhöht, damit der Calcium- und der KH-Gehalt im Aquarium konstant gehalten wurden. Somit wurde der Phosphateintrag durch den Kalkreaktor mehr als fünfmal so hoch. Da eine Entfernung mittels Wasserwechsel nicht möglich war, es sollte ja kein Wasserwechsel durchgeführt werden, wurden weitere Möglichkeiten der Phosphatentfernung näher betrachtet. Das Phosphat sollte aus dem Aquarium entfernt werden und nicht nur umgewandelt, gefällt oder maskiert, d.h. nicht mehr messbar gemacht werden. Wird es ausgefällt, muss auch der Boden und das Riff gründlich abgesaugt werden um das Phosphat aus dem Kreislauf (Aquarium) zu entfernen. Dabei hilft auch eine verstärkte Abschäumung, welche es aber nie alleine schafft, den entstandenen Phosphatschlamm zu entfernen. Somit kamen keine flüssigen Phosphatentfernungsmittel zum Einsatz, da diese als Fällungsmittel dienen und das Phosphat als kleine Flocken ausfällen und somit der größte Teil im Aquarium verbleibt. Die Entfernung der Flocken aus dem Aquarium war mir zu umständlich und zu zeitaufwendig. Alternativen waren sogenannte Phosphatadsorber, welche das Phosphat an sich binden. Diese boten auch die Möglichkeit die gebundene Menge an Phosphat im Labor bestimmen zu lassen. Die Wahl des Adsorbers wurde auf Grund verschiedener Ansätze getroffen. Wichtige war, er sollte nichts an das Wasser abgeben und aus Materialien Bestehen, welche für die Aquaristik unbedenklich sind. Vor der Verwendung wurden die möglichen Adsorber im Labor untersucht. Adsorber auf Zeolithbasis bestehen hauptsächlich aus Aluminiumsilikaten [3] (siehe Tabelle 2) und können Aluminium und Kieselsäure an das Wasser abgeben, teilweise sogar Phosphat (Laborversuche) und kamen somit nicht zum Einsatz. 

 

Element

Verbindung

Massen-%

Silicium (Si)

SiO2

  

Aluminium (Al)

Al2O3

  

Kalium (K)

K2O

      

Calcium (Ca)

CaO

     

Eisen (Fe)

Fe2O3

      

Magnesium (Mg)

MgO

       

Zu den Zahlenwerten

Tab. 2: RFA-Analyse eines Phosphatadsorbers auf Zeolithbasis

 

 

Bei der Suche nach Alternativen zu Zeolithen fand ich das Produkt Rowaphos der Firma Rowa. Eine Analyse [4] des Materials auf über 50 Elemente vor der Verwendung zeigte die in Tabelle 3 ermittelten Werte.

 

 

Element

Symbol

Massen-%

Natrium

Na

  

Schwefel

Sx

  

Chlor

Cl

   

Calcium

Ca

  

Mangan

Mn

  

Eisen

Fe

   

Zu den Zahlenwerten

Tab. 3: RFA-Analyse von Rowaphos

 

 

Ein Vorversuch im Labor zeigte eine sehr hohe Phosphatadsorption von über 400 mg Phosphat auf 250 ml Rowaphos. Bei einem Ringversuch [4] wurden weitere Daten gesammelt und Adsoptionsmengen von über xxxxx  Phosphat pro 250 ml Rowaphos gefunden. Die Wahl war gefallen und der Phosphatgehalt im Wasser wurde auf <0,05 mg/L gesenkt. Jetzt wurde der Einfuß von Phosphat untersucht. Mittels einer Dosierpumpe wurde für einen Zeitraum von 8 Wochen kontinuierlich Phosphat zudosiert. Bei einem Gehalt von 0,05 bis 0,15 mg/L Phosphat war das Wachstum maximal und lag bis zu 3 cm pro Monat (Acrop. formosa). Ab einem Gehalt von 0,25 mg/L sank die Wachstumsrate auf 2 cm, ab 0,5 mg/L auf 1 cm und ab 0,75 mg/L auf 0 cm pro Monat bei allen Steinkorallen. Alle anderen Parameter blieben unverändert. Ab 1,2 mg/L bekamen zwei Acropora-Stöcke sichtbare Schäden. Jetzt wurde das Phosphat wieder mittels Rowaphos entfernt und der Phosphatgehalt gesenkt. Als wachstumshemmend erwies sich somit eindeutig Phosphat.

 

 

 

Phosphatgehalt

[mg/L]

Wachstum

1

0,05

+++

2

0,10

+++

3

0,15

+++

4

0,25

++

5

0,50

+

6

0,75

-

7

1,00

-

8

1,25

----

9

0,50

+

10

0,25

++

11

0,15

+++

12

0,10

+++

13

0,05

+++

Tab. 4: Einfluss von Phosphat auf das Wachstum

1-13 Zeitfolge

 

 

Seit dem hohem Phosphatgehalt war der Dauereinsatz des Adsorbers nötig. Phosphat musste ausgefallen sein und sich im Boden niedergeschlagen haben, obwohl kein Kalkwasser und keine flüssigen Phosphatentferner eingesetzt wurden. Dieses Depot musste nun kontinuierlich entfernt werden, ohne Wasserwechsel. In dem Zeitraum vom August 1997 bis März 2000 betrug die entfernte Phosphatmenge 4,729 g.

 

Zeitraum

Phosphatmenge [mg]

11.98-03.99

   428

03.99-05.99

Phosphatversuch

05.99-06.99

1.166

06.99-08.99

1.242

08.99-10.99

   372

10.99-03.00

1.521

Summe

4729

 

 

 

Fazit

Alle Ziele wurden in dem Projektzeitraum erfüllt. Kein Wasserwechsel, keine Abschäumung, 150 W HQI (Wasserstand = 60 cm), starke Fütterung des hohen Fischbesatzes, intensive Farben der Steinkorallen, hohe Wachstumsrate von Weich- und Steinkorallen. Ein pH-Wert von unter 8,0 stellte sich als sehr gut heraus. Wenn wenig Mineralien im Wasser sind, benötigen die Korallen viel Licht um farbig zu sein. Sind viele Mineralien im Wasser benötigen die Korallen weniger Licht um farbig zu sein. Die Farbigkeit von Steinkorallen hängt nicht in erster Linie von der Beleuchtung ab, sondern von der Mineralienversorgung. Nach der Untersuchung des Einflusses von Phosphat auf das Wachstum war es nur schwer möglich, den Phosphatgehalt unter 0,25 mg/L zu senken. Es sollte in einem Aquarium nie zu so einer hohen Phosphatanreicherung kommen, weil die Entfernung später sehr langwierig ist. Solch ein System wie BIOSTAB1 sollte nicht zu 100% nachgestellt werden. Der Fischbesatz muss bei einem durchschnittlichen Meerwasseraquarium der gleichen Größe deutlich reduziert werden, es sollte ja bei BIOSTAB1 ein Extrem simuliert werden. Am Ende herrschte ein starker Kampf unter den Steinkorallen und somit wurde das Aquarium einem Skale up (Vergrößerung) auf ca. 2.000 Liter unterzogen. Die Technik wurde entsprechend angepasst. Das Nachfolgeprojekt ist BIOSTAB2 und läuft nun seit März 2000.

 

 

Weitere Informationen:

[1] www.lars-sebralla.de/wodkafilter.html „Wodkafilter“, 1998

[2] www.lars-sebralla.de/ma_korallenbruch.html, „Schadstoffe im Korallenbruch“, 2001

[3] www.lars-sebralla.de/ma_zeolith.html „Zeolithe im Meerwasser“, 1998

[4] www.lars-sebralla.de/ma_rowaphos.html „Phosphatentferung mittels Rowaphos, 1998

 

 

Projekt "Biostab 2" 

 

 

 

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